All dies zeigt die Berliner Stiftungswoche. Wie jedes Jahr im April, an elf Tagen, mit über 100 teilnehmenden Stiftungen in mehr als 100 Veranstaltungen, Ausstellungen und Projektvorstellungen; in ganz Berlin, dort wo die Stiftungen unterwegs sind.
Die Doppelaufgabe des Bewahrens und Gestaltens steht bei der 9. Ausgabe des Veranstaltungsmarathons im Mittelpunkt: »Alles im Fluss« – so lautet das Schwerpunktthema. Es ist ein Fingerzeig auf die Notwendigkeit, mit Veränderungen umzugehen. Mit positiven wie negativen, im Großen und Kleinen, unaufgeregt, dennoch kritisch und wachsam. Der rasante Wandel der Technik in Richtung Digitalisierung ist dabei ebenso im Fokus wie die zahlreichen Veränderungen im politischen, sozialen und persönlichen Miteinander. All diesen Facetten widmet sich die diesjährige Berliner Stiftungswoche.
Seit 2010 wird die Stiftungswoche von der Berliner Stiftungsrunde getragen: In diesem Kreis werden die jeweilige Ausrichtung, das Schwerpunktthema und der organisatorische Rahmen diskutiert und festgelegt. Und sobald eine Stiftungswoche abgeschlossen ist, beginnen die Vorbereitungen für die Stiftungswoche im Folgejahr. Wenn es um die Suche nach dem richtigen Thema geht, passen auch hier die Bilder vom Seismographen und vom Labor.
Das richtige Thema frühzeitig zu erspüren und passend zu treffen, hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Es soll einerseits einen aktuellen Bezug haben, andererseits sollen sich so viele Stiftungen wie möglich unter diesem programmatischen Dach wiederfinden können. Gleichzeitig wird getestet, wie das Thema aufbereitet werden soll, welche Facetten die Auftaktveranstaltung aufgreifen und wer die Berliner Stiftungsrede halten soll.
Hin und wieder bekommt dann ein Schwerpunktthema ungeahnte Aktualität oder einen zusätzlichen Kontext: Als im Frühsommer 2017 in der Stiftungsrunde das Thema »Alles im Fluss« diskutiert und beschlossen wurde, war beispielsweise nicht abzusehen, dass es nach der Bundestagwahl ein halbes Jahr dauern würde, bis eine neue Bundesregierung gebildet werden kann – so sehr war alles in Bewegung geraten. Umso erfreulicher ist es, wenn rückblickend manche Schwerpunktthemen der Stiftungswoche auch längerfristig Nachhall in der Stiftungsarbeit finden. Oder wenn es gelungen war, Themen, die heute die Nachrichtenlage bestimmen, im Rahmen der Stiftungswoche schon vor mehreren Jahren auf die Agenda zu setzen.
Am Rande sei angemerkt, dass beispielsweise in der Regierungserklärung der Bundeskanzlerin Angela Merkel vom 21. März 2018 die zentralen Inhalte mit Schwerpunktthemen zurückliegender Stiftungswochen korrespondierten.
So sprach die Bundeskanzlerin etwa vom gesellschaftlichen Zusammenhalt, der wieder gestärkt werden müsse und »natürlich weit über die Durchsetzung von Recht und Gesetz« hinausgehe. »Insbesondere das Zusammenleben der Religionen stellt uns«, so Bundeskanzlerin Merkel in der Regierungserklärung, »vor große Herausforderungen. ›Die Würde des Menschen ist unantastbar‹, so heißt es in Artikel 1 unseres Grundgesetzes. Dieser Artikel beschreibt den Kern unseres Zusammenlebens. Er macht klar, dass Gewalt, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus in unserem Rechtsstaat keinen Platz haben.«
Darüber hinaus waren auch unterschiedlichen Lebensverhältnisse in Stadt und Land ebenso Thema wie die weiteren technischen und gesellschaftlichen Herausforderungen der Digitalisierung. Und nicht zuletzt ging es um Europa und die weitere Entwicklung der Europäischen Union in geopolitisch schwierigen Zeiten.
Die treuen Kenner der Berliner Stiftungswoche haben in dieser Zusammenfassung sicherlich die Schwerpunktthemen der zurückliegenden fünf Stiftungswochen erkannt. Hoffen wir, dass auch das diesjährige Thema »Alles im Fluss« wieder den Nerv der Zeit trifft – und dies nicht nur an den elf Tagen im April 2018. Es soll auch darüber hinaus zur Diskussion anregen. Denn egal, ob hoher Seegang oder ruhiges Fahrwasser – wir bestimmen, wohin die Reise geht.